Excursion á St.Nicolas-de-Bourgeuil

Stimmungsbilder aus dem unteren Loire-Tal

Gedanken bei der Arbeit (bzw. beim Tätigsein)

Renata hat die Gartenbeete und Kieswege vor dem Schloss gejätet. Und ich (Christoph) hatte derweil mehrere hundert Meter Alleebäume und Hecken mit der Motorsense ausgemäht. Das füllte die vier vergangenen Tage komplett (zumindest wenn man diese Arbeiten mit der hierzulande legendären Schweizer Gründlichkeit ausführt). Die Arbeit geht zuweilen in den Rücken; draussen zu arbeiten, mit Natur und Erde in Kontakt zu sein und am Ende des Tages zu sehen, was man geleistet hat, macht aber eindeutig Spass.

Bloss, wenn ich den Eingang um den in den Kalkfelsen gehauenen Weinkeller ausmähen soll, und mir der Kellermeister erklärt „heute sei er der Chef!“, dann sträubt sich (immer noch) etwas in mir. Sei’s denn, aber ich arbeite ja grundsätzlich freiwillig, bestimme selbst und brauche definitiv keinen Chef. „la vie est un piège“, das Leben ist eine Falle …. philosophiert er sogleich, und tatsächlich hat er mich damit an einem wunden Punkt erwischt.
Ich möchte grundsätzlich mit einem „copain“ freundschaftlich zusammenarbeiten, kann mich selbst motivieren (wenn mir das gemeinsame Ziel einleuchtet) und möchte mein eigener Herr und Meister sein und bleiben.

Das führt mich in dieser Ambiance mit aristokratischer Geschichte unweigerlich zur Erinnerung an Madame deMeuron, die legendäre Berner Patrizierin. Ihre berühmte Anrede „Syt der öpper oder nämet der Lohn?“ („Sind Sie jemand, oder beziehen Sie Lohn?“) ist da sehr vielsagend. Existenzrecht und Würde scheint (war) den Einen per Geburt gegeben, die andern mussten ihre Existenzberechtigung mit Lohnarbeit abverdienen.
Je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr scheint mir dies eine verkappte oder moderne Form der Sklaverei zu beschreiben. Ja, wie oft ist die Angst um Einkommen und Existenzsicherung der Grund, weshalb auch an sich ungeliebte oder nicht wirklich überzeugende Arbeiten ausgeführt werden, häufig verbunden mit stillem Groll und einem Klumpen im Bauch.

Einmal mehr meine ich, dass menschliche Würde eigentlich automatisch und per Geburt gegeben ist. (vgl. etwa die Würdekompass-Gruppen, die auf Initiative von Gerald Hüther am Entstehen sind). Daraus folgt das Recht auf Existenzsicherung (bedingungsloses Grundeinkommen) und das Recht eines jeden Menschen, seine Kreativtät, seine Arbeitskraft und seinen Idealismus grundsätzlich freiwillig einzusetzen. Das ist (oder wäre) dann gemeinsames Arbeiten auf Augenhöhe, Soziokratie oder wie man dem auch immer sagen will. Ein dickes Plädoyer für die Freiwilligkeit.

Die bereits erwähnte Madame deMeuron sah dies pragmatisch(er): „Im Himmel sy mir alli glych, aber hie uf Ärde herrscht Ordnig.“ („Im Himmel sind wir alle gleich, aber hier auf Erden herrscht Ordnung.“). Das mag zu ihrer Zeit und aus ihrer Perspektive ja so gewesen sein; zum Glück aber sind wir wieder einige Jahrzehnte weiter in der gesellschaftlichen Entwicklung!

Tag der offenen Tür im Schloss-Weingut

Guédelon – sie bauen eine Burg (living-history)

Text-Beitrag siehe Woche 3