Die Stadt Tengen besitzt landwirtschaftliche Flächen, die mit dem in dieser Gegend typischen Streuobst-Bestand bestückt sind. Die Einwohner können für den symbolischen Betrag von einem Euro pro Baum sich ihren Anteil an der Apfelernte sichern – und bei Bedarf ihren eigenen Most machen. Eine äusserst sinnige Angelegenheit: so kriegt die Stadt ihre Obstwiesen gepflegt und der Bürger seinen eigenen Saft. Und wie es sich für eine traditionell landwirtschaftlich geprägte Gegend gehört: im Teilort Beuren betreiben Freiwillige an ausgewählten Samstagen im Oktober die Gemeindemosterei. Für 11,5 Cent pro Liter kriegt man hier den eigenen Most gepresst. Auch eine Form „solidarischer Landwirtschaft“; biologisch, natürlich, regional, mit kurzen Wegen (verdient selbstverständlich das 0km-Label (-;).
Eigentlich schon paradox, dass all die kleinbäuerlichen und auf Selbstversorgung angelegten Strukturen systematisch wegrationalisiert wurden – und viele ökologische und nachhaltige Initiativen jetzt wieder mit viel Mühe aufzubauen versuchen, was es früher schon mal gab. Bleibt zu hoffen, dass solch sinnvolle und auf Selbstversorgung hin angelegte Einrichtungen wie die Gemeindemosterei erhalten bleiben und einen neuen Aufschwung erleben.
Unser Nachbar Ludwig hat uns Schloss-Pionieren angeboten, mit ihm zusammen auf seiner Apfelbaum-Pacht Mostobst zu sammeln und dieses am Folgetag zur Mosterei zu bringen. Das Ergebnis? ein wunderbar milder und aromatischer Apfelsaft mit besonderem Bouquet. Nach genau einem Monat trinke ich heute vom letzten unserer 30 Liter; Most der mittlerweile deutlich angezogen hat und eine rassige Säure aufweist. Bei uns in der Ostschweiz bzw. in „Mostindien“ würden wir den Most in diesem Stadium als „Ghürotne“ (Verheirateten) bezeichnen, süss und sauer zugleich. Ganz herzlichen Dank, Ludwig.
Schön, dass gerade in Süddeutschland viele Initiativen laufen, die den ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Nutzen von Streuobstwiesen wieder ins rechte Licht rücken und solche erhalten helfen:
So etwa die Streuobst-Wiesen-Börse oder
der Online-Kurs für Baumschnitt und Baumpflege
die Informationen zur Oeschberg-Krone
das Arbeitsblatt zum Oeschberg-Schnitt