Woche 2 / 1. – 7.April 2019

Leider ist es noch zu unbeständig und zu kühl zum Paddeln auf der Loire. So fahren wir am Montag von Paray-le-Monial loire-abwärts in die Nähe von Diou. Die Landschaft ist nun weitgehend flach und von endloser Weite; zahllose Hecken, Streifen von Wildgehölzen und Wäldern gliedern die Landschaft. Etwas ausserhalb von Diou und unweit der heutigen Autobahn-Ausfahrt lassen wir uns auf eine weitere Überraschung ein: die Abbaye de Sept-Fons. Diese Abtei hat keine romanischen Zeugnisse zu bieten, ist statt dessen aber ein wieder belebter Ort klösterlichen Lebens und Arbeitens für rund 80 Mönche in der strengen Tradition der Trappisten. Hier gibt es keinen Zugang für Besucher, wohl aber einen Klosterladen, eine informative Foto-Ausstellung und einen sehr sehenswerten modern gestalteten Film (35′) über das spirituelle Leben und Arbeiten der Mönche von Sept-Fons. Eindrücklich, wie sich hier strenges Klosterleben und eine zeitgemässe Produktionsgemeinschaft (mit Rinderfarm, Getreideproduktion, eigener industrieller Mühle, Logistik und Hochregallager für eine umfangreiche Palette an Nahrungsergänzungs-Produkten auf Getreidebasis) vereinen.

Der benachbarte kleine Ort Diou stellt einen gut ausgestatteten Womo-Stellplatz direkt beim Freizeit-Gelände an der Loire kostenfrei zur Verfügung. Wir sind mit zwei andern Campern die einzigen Gäste in diesen eher kühlen Vorsaison-Tagen. Jederzeit empfehlenswert als Ausgangspunkt für Radtouren entlang des Canal latéral à la Loire oder für Kanutouren auf der Loire.

Am Dienstag fahren wir weiter nach Dezice (hier beginnt der Canal du Nivernais, welcher die Loire mit der Seine verbindet). Bei Nieselregen bietet der Ort, abgesehen von der sehr schönen Lage an Loire und Aron, nicht viel. Uns lockt ein weiterer schöner und naturnaher Stellplatz in der Gemeinde Imphy, unweit vor Nevers.

Weil der Platz passt, verbringen wir den Mittwoch als Bummeltag gleich hier: das unbeständige Wetter eignet sich bestens, um einen Martin-Walker-Krimi (mit dem liebenswerten comissaire Bruno in der üppigen Landschaft des Périgord) zu verschlingen. Ein Nebenprodukt dieses Tages: da es uns definitiv zu kalt ist für eine Loire-Tour im Kajak, entscheiden wir uns für einen spontanen Last-Minute-Workaway-Einsatz im Morvan-Gebiet.

Am Donnerstagmorgen erscheinen wir somit auf dem Hof von Anne-Marie, im total abgelegenen Weiler Vorroux völlig „in the middle of nowhere“. Endlose Weide-, Wald- und Hügel-Landschaft, durchsetzt von eindrücklichen einzelstehenden Eichen und zahllosen Hecken. Völlige Ruhe, Abgeschiedenheit, kein Strassenlärm, keine Flugzeuge, nächtlicher Sternenhimmel ohne jedes Fremdlicht. Hier helfen wir während dreier Tage als Allrounder kräftig mit: fünf Tonnen Schotter („gravier“) auf dem Vorplatz verteilen, Tischplatten für die Gartentische zimmern, Fundament-Löcher für einen Anbau-Unterstand graben und betonieren, Brennholz sägen, Garten jäten, Kissenüberzüge nähen und allerlei mehr. Sergej, ein 32-jähriger Russe, kam tags zuvor ebenfalls als Workawayer an. Anne-Marie ist gebürtige Holländerin, die aber schon über 10 Jahre hier im Morvan lebt und Gästezimmer anbietet. Somit eine multinationale Lebens- und Arbeits-Gemeinschaft für kurze Zeit. Die sehr spontane und gastfreundliche Art von Anne-Marie sowie die improvisierte, unkomplizierte und offene Atmosphäre schaffen die Basis für ein besonderes interkulturelles Erlebnis. Und es ist schön, wenn man sich auf diese Weise gegenseitig nützlich machen kann. Für uns ein aussergewöhnlicher „Stellplatz“ mit WLAN und Waschmaschine, mit gutem Essen und interessanten Gesprächen an der offenen Feuerstelle.

Am Sonntag machen wir uns auf nach Nevers, wo uns Marlis und Heinz für eine gemeinsame Radel-Kanu-Geniesser-Ferienzeit entlang der Loire erwarten. Auf dem Weg dorthin lassen wir uns einige Ausblicke auf den Canal du Nivernais nicht entgehen. Der nahegelegene Lac de Baye ist ein Stausee am Scheitelpunkt dieses Wasserscheiden-Kanals. Dieser See dient dazu, die beiderseitigen Schleusentreppen des Kanals mit Wasser zu versorgen. Was die Engländer erst im 20.Jahrhundert gebaut haben, besitzen die Franzosen schon längst: der Canal du Nivernais mit seinen Kanal-Tunnels und 64 Schleusen wurde im ausgehenden 18.Jahrhundert erbaut. Was sich die Kanalbau-Ingenieure da ausgedacht haben, mit Schiffen über Hunderte von Kilometern ganze Hügelzüge zu überwinden, mutet heute schon fast wahnwitzig an: staunenswert und eindrucksvoll ist es allemal. Zwar dient der Kanal nicht mehr der Brennholz-Flösserei aus dem Morvan nach Paris; die Freizeit-Gesellschaft des 21.Jahrhunderts nutzt den Kanal für Hausboot-Ferien und Radtouren auf gut ausgebauten Treidelpfaden. Zumindest Letzteres gibt durchaus auch warm ….

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.