
Das Projekt „Summer of Pioneers“ möchte erklärtermassen Stadt und Land in Dialog bringen und die Vorteile beider Welten gegenseitig nutzbar machen. Da ist nicht ganz auszuschliessen, dass beim Einen oder Andern der Eindruck entstehen könnte, hier wollten die (fortschrittlichen?) Städter den (rückständigen?) Leuten vom Land zeigen, wie heute Leben geht.
Eine Begegnung „von oben herab“ könnte definitiv nicht funktionieren. Das natürliche, offene und spontane aufeinander Zugehen hingegen, das unkomplizierte und unverkrampofte Du, das Nichtwissen über alte Geschichten und die Unerfahrenheit wie „Landleben“ geht, dies alles sind natürliche Impulse, die Begegnung schaffen und Hilfsbereitschaft mobilisieren. Unser blosses Dasein bringt Bewegung ins Dorf. Berührend, wenn am Blumenfelder Spiele-Abend im Schlosscafé Menschen sich kennenlernen, die schon 30 Jahre im selben Dorf zuhause sind.
Apropos Dorf: „Engen, Tengen, Blumenfeld – sind die schönsten Städt der Welt“. Was Generationen von süddeutschen Grundschülern als Spruch gelernt hatten, ist mit tatsächlichen althergebrachten Stadtrechten belegt. Das lassen sich die 550 Einwohner Blumenfelds nicht nehmen, wenngleich die Dimension eine klar dörfliche ist: sie sprechen selbstbewusst von den Einwohnern der Kernstadt, der Vorstadt oder der Neustadt.
Unsere Erfahrungen mit der Dorf-(Stadt!)Bevölkerung von Blumenfeld sind gespickt mit wunderbaren Zufällen. Doch als Erstes fällt die grosse Offenheit, Herzlichkeit und Hilfsbereitschaft auf: wir fühlen uns mit unserem Projekt „summer of pioneers“ sehr gut aufgehoben.
Doch wie wird ein Dorf lebendig? Schule zu, Läden zu, Gasthäuser zu, Vereine aufgelöst oder mit denen anderer Teilgemeinden fusioniert. Gearbeitet wird in der Industrie von Singen oder in der nahegelegenen Schweiz. Ist der Trend zum Schlafdorf tatsächlich nicht aufhaltbar?
Hier nach gelebten Beispielen, Impulsen und Antworten zu suchen ist Gegenstand unseres halbjährigen Projektes im Schloss Blumenfeld. Wir öffnen das Schlosscafé, organisieren Ausstellungen, Openair-Kinoabende, Konzerte, Begegnungsmöglichkeiten, bringen Menschen ins Gespräch und hoffen, damit Mut zu machen zur erneuten Eigeninitiative der hier lebenden Menschen.
Am 12.September 2021 wird anlässlich des bundesweiten „Tag des offenen Denkmals“ das Schlosstor geöffnet, eine Podcastfolge zur Geschichte des Schlosses (auf unserer neuen Website www.schloss-blumenfeld.de) sowie eine Schlossbesichtigung mit Audioguide lanciert.
Am 17./18.September 2021 wird eine Delegation aus dem norddeutschen Ort Haldern Impulsworkshops durchführen und ein Konzert veranstalten. In Haldern wurde vor bereits 40 Jahren ein sehr bemerkenswertes jährlich stattfindendes OpenAir-Konzert mit Popmusik lanciert. Das Besondere daran ist, dass hier das ganze Dorf mitmacht: vom Kirchenchor bis zum Schützenverein. Dieses gemeinsame Ziel eint das ganze Dorf.
In der ARD-Mediathek ist die sehenswerte Doku „Haldern Pop: Dorf mit Festival“ bis 25.10.2021 frei zugänglich.
Im nordhessischen Homberg (Efze) findet zeitgleich ein anderer „summer of pioneers“ statt. Eine der dortigen Teilnehmerinnen hat diesen sehr vielschichtigen, farbigen und feinfühligen Bericht dazu im SPIEGEL veröffentlicht:
Landleben-Test in Nordhessen – »Endlich mal ein Hackathon mit Hacke«
Die Grundfragen und -Anliegen sind bestimmt übertragbar.