Von allem weniger
Genau hinspüren, was ich wirklich will und was ich wirklich brauche.
Die Wahrnehmung schärfen für den „inneren Geschmack“ der Dinge und sie geniessen.
Das sollte doch zu schaffen sein! (aus der Fasten-Predigt von S.Schewe)
Nach innen
Wir träumen von Reisen ins Weltall
Ist denn das Weltall nicht in uns?
Die Tiefe unseres Geistes kennen wir nicht.
Nach innen geht der geheimnisvolle Weg.
In uns und nirgends ist die Ewigkeit mit ihren Welten.
Die Vergangenheit und die Zukunft.
(Novalis)
Es muss Tage geben, da nichts geschieht
Es muss
Tage geben
da nichts geschieht
da die Aufgaben wegfallen
und keiner Buch führt darüber
was du getan
oder nicht getan
Es muss
Tage geben
da die Gedanken Flügel tragen
da das Festgelegte nicht gilt
und keiner sich darum schert
was du gut heisst
oder verwirfst
Es muss
Tage geben
da nur du wichtig bist
da die Beziehungen ruhen
und keiner fragt
wohin du gehst
oder nicht gehst
(Lars Björklund)
das dritte gebot sagt mir
du sollst dich selbst unterbrechen
zwischen arbeiten und konsumieren
soll stille sein und freude
zwischen aufräumen und vorbereiten
sollst du es in dir singen hören
gottes altes Lied von den sechs Tagen
und dem einen der anders ist.
zwischen wegschaffen und vorplanen
sollst du dich erinnern
an diesen ersten morgen
deinen und aller anfang
als die sonne aufging
ohne zweck
und du nicht berechnet wurdest
in der zeit die niemandem gehört
ausser dem ewigen
(Dorothee Sölle)
Mit dem Vollmond am 26. Februar 2021 begann ich ein neuntägiges Fasten, getragen in einer virtuellen Fastengruppe an unserem Wohnort (und darüber hinaus). Es ist nach einem ersten Versuch vor rund 15 Jahren erst mein zweites Fasten. Doch diesmal entstand der persönliche Entschluss ganz spontan und intuitiv, der Zeitpunkt scheint mir genau richtig: kaum äussere Verpflichtungen im Vorruhestand, häuslicher Fokus dank Corona, eine schon lange schwelende Darm-Thematik die mich öfters nur schlecht schlafen lässt, der Lebens-Abschied meines Vaters. Genug Themen, die der Aufmerksamkeit bedürfen.
In unserer virtuellen Gruppe sind einige, die schon sehr viel Fastenerfahrung haben. Im gegenseitigen Austausch und mit einer behutsamen und ermutigenden Begleitung gelingt der Einstieg bestens. Die völlige Entleerung mit einer Colon-Hydro-Therapie (Darmspülung) lohnt sich für mich auf jeden Fall; komplett leer, neugierig und erwartungsoffen starte ich in diese neue Erfahrung. Tatsächlich ohne jegliches Hungergefühl während der ganzen neun Tage; der schön angerichtete Teller meines Gegenübers vermag meine Augen zu erfreuen, ohne dass ich ein Verlangen spüre. Meine vielen Tees, der Gemüse-Sud, die regelmässigen Gemüse- und Fruchtsäfte reichen bestens aus, hie und da ergänzt durch eine Löffelspitze Honig.
Ja, bald ist spürbar, dass ich alles etwas langsamer und bedächtiger angehe, die Spaziergänge, die häuslichen Verrichtungen. Einzig am sechsten Tag empfinde ich eine anhaltende Schwäche, leichte Schwindelgefühle, eine Gedämpftheit. Dennoch ist es am Ende eine geschäftige Woche, mit vielen Dingen die ihre Erledigung fanden. Ideal eigentlich, die umfangreichen Zügel-Vorbereitungen auch im Organismus spiegeln zu lassen. Passend auch meine Lektüre in dieser Zeit: die diversen Bücher zu neuen Wohnformen auf weniger m2, die Vorgedanken auf unsere ausgedehnte Workaway- und Reisephase im Camper, die Bücher zu ökologischen Themen und zu einem minimalistischen Lebensstil.
Was mir nach dem Fasten bleibt? … eine grosse innere Zufriedenheit und Dankbarkeit, eine stille Freude, es geschafft zu haben, eine wertvolle Erfahrung, mit wie wenig mein Organismus auskommen und sogar gut leben kann, ein klein wenig Stolz und ein beträchtlicher Gewichtsverlust (rund 10kg unter meinem langjährigen Mittel und rund 5kg weniger als zu Beginn des Fastens). Und das geschärfte Bewusstsein für meinen Ernährungsbedarf: von allem weniger, und viel mehr Tee, Gemüse, Früchte. DANKE.