Die Konturen Europas abzufahren, lässt zunächst an die europäischen Aussengrenzen denken, an die grobe äußere Form. Was bei einem Haus, bei einem Stein, bei einem Betonklotz noch klar scheint, wird bei einem hypothetischen Gebilde wie Europa sehr schnell unklar, schwammig.
Wo beginnt oder endet es? Zählen wir nun Schottland, England und Irland noch zu Europa?
Historisch … Politisch … Geologisch … Kulturell …? Betrachten wir nur den momentanen
politischen Sachverhalt – oder vielmehr die über Raum und Zeit gewachsene kulturelle
Verflechtung? Hinsichtlich Großbritannien? Hinsichtlich Marokko? Hinsichtlich der Türkei? Oder gar hinsichtlich der Schweiz?
Was gehört dazu? Was nicht mehr? Auswüchse oder Einwüchse in der vermeintlich klaren
Form? Gewiss ist jedenfalls, dass Löcher die Oberfläche beträchtlich erweitern. Manche Dinge gewinnen gar erst durch die Löcher ihre eigentliche Nutzbarkeit.
Dreißig Speichen treffen die Nabe
Die Leere in der Mitte
macht das Rad
Ton formt man zu einem Krug
Die Leere in der Mitte
macht das Gefäß
Türen und Fenster bricht man in Mauern
Die Leere in der Mitte
macht das Haus
Laotse
Karton: gewinnt seine relative Stabilität und gleichzeitige Leichtigkeit durch die Luft, die das papierene Material umschließt – durch das papierene Material, das Luft umschließt? Reziprok – wechselwirkend??
Schwamm: gewinnt seine enorme Saug- und Aufnahme-fähigkeit durch die Leerräume in ihm.
Weidenruten: lassen in ihrer unerhörten Bieg- und Formbarkeit tragfähige Gefässe entstehen.
Materialien, mit denen ich unbedingt noch experimentieren möchte.
Unser Reise-Vorhaben „europa-kontour“ lässt sich auch anders bretrachten: die Grenzen um die Schweiz etwa sind ja ebenfalls EU-Aussengrenzen. Symbolisch liesse sich somit auch sagen: Einmal um die Schweiz gleich einmal um Europa.
Die Löcher im Käse erweitern dessen Oberfläche. Eigenständige Positionen erweitern die
Berührungsfläche, erzeugen Vielfalt. Die „Löcher“ im Mainstream des Konformismus erweitern die Handlungs- und Lebensmöglichkeiten.
Und das Loch in der Nachtruhe, die nächtliche Schlaflosigkeit, erweitert zuweilen die Grenzen der eigenen Gedankenwelt.