Zukunft ist eine Entscheidung. Wie die Liebe.

Der höchst inspirierende Online-Kongress „Pioneers of Change“ brachte – nebst vielen beeindruckenden Interviews – vorgestern eine besondere Perle: das Gespräch mit dem Trend- und Zukunftsforscher Matthias Horx. Mein spontaner Feedback-Kommentar zum Interview tönte dann so: „Wie wohltuend, diese unaufgeregte Gelassenheit und diese kristallklare Reflexion; ruhig, unspektakulär und bescheiden vorgetragen. Das könnte ein Weg sein, gerade in Zeiten von Corona, den gesellschaftlichen Dialog zu schaffen und die paralysierende Spaltungstendenz zu bannen, auf allen Ebenen. Danke herzlich für die anregenden Impulse.“

Ich möchte jene Sätze, die mich besonders angesprochen haben, hier einfach aufreihen – im Sinne einer Perlenkette, eines Gedanken-Reservoirs, einer Inspirationsquelle:

  • Horx will die Dimensionen Soziales/Technisches/Mind im Sinne einer ganzheitlichen Futuristik zusammen sehen. Ihn interessiert die Perspektive des Systemforschers, des Beobachters mit ganzheitlichem Blick.
  • Zukunft ist nicht etwas, das quasi schicksalshaft und unbeeinflussbar auf uns zukommt.
  • Zukunft entsteht durch Handlung. Zukunft ist eine Entscheidung; lasst uns die Zukunft gestalten!
  • Zukunft existiert, wenn wir lebendig bleiben.
  • Wir müssen nicht die Welt retten! – sie rettet sich von alleine (natürlich unter Mitwirkung der Menschen).
  • Wir stehen in einer geistigen Wendezeit (Chance), der Mensch wächst durch Krisen.
  • Die grassierende Hyper-Medialität (Hysterisierung/Faschistisierung) sieht Horx als grösste Gefahr. Er spricht mit Blick auf social media gar von „toxischer Medialität“.
  • An die Adresse der Grünen und Ökologie-Bewegten richtet Horx die Aufforderung, vom moralisierenden Mangel-Paradigma (= grüne Ökologie) wegzukommen. Statt dessen plädiert er für eine blaue Ökologie, welche auf einem Fülle-Paradigma aufbaue. Denn tatsächlich sei eigentlich alles, was wir bräuchten, in Fülle vorhanden (Sonne im täglichen Rhythmus, Wasser im ewigen Kreislauf, Luft ….). Er setzt dabei auf die Potenziale einer weiter schreitenden Prozess-Technologie. Und auf die Abkehr vom Wachstumszwang.
    Hier wage ich, einen persönlichen Vorbehalt einzustreuen. Grundsätzlich schätze ich die unaufgeregte ruhige Analyse von Horx. Nur allzu vertraut ist mir jedoch der gesellschaftlich verbreitete Reflex des „mit der heutigen Technologie, intensiver Forschung und entsprechendem Ressourceneinsatz schaffen wir das“. Eine Haltung, die mir gar zu oft einem typisch zeitgeistigen Machbarkeitswahn zu entspringen scheint. Besonders wichtig ist mir deshalb eine grundsätzliche Haltung der Bescheidenheit, des (methodischen) Nichtwissens sowie des (methodischen) Minimalismus.
  • In der Beobachtung menschlicher/gesellschaftlicher Denkprozesse plädiert Horx dafür, das „spitze Denken“ (Denken in Zuspitzung, in Antagonismen, in Paradoxien) hinter uns zu lassen und vermehrt „in Rundungen zu denken“, mit Blick auf Vermittlung und auf Synthesen. Mehr „weiblich“ statt „männlich“, mehr „zirkulär“ statt „linear“.
  • Wir sind komplett überreizt durch die hysterische Überinformiertheit – und heizen eben diese paradoxerweise weiter an.
  • Wir sollten akzeptieren, dass wir die Welt nicht kontrollieren können.
  • Wir können nur in Beziehung leben.
  • Nur mit Herz lässt sich die Komplexität der Welt integrieren.

    == womit sich der Link-Hinweis zum vorausgehenden Artikel „Angst verwandeln“ geradezu aufdrängt.

Und dann war da noch die neckische Randbemerkung von Matthias Horx, er trage schon seit Jahren nur noch MUD-Jeans, eine Recycling-Jeans im Leasing-System. Die fesche Idee eines Holländers.

Und als Zugabe gab’s noch ein spontanes Interview, welches Martin mit seiner Moderations-Kollegin Hemma machte. Sehr authentisch, menschlich und nahbar, wie auch alle vorausgehenden Interviews. Ein beeindruckendes Format, so echt und ungekünstelt. Beispielhaft dafür einige Stichworte aus dem Interview mit Hemma:

  • Kollaps meint nicht die totale Auslöschung, sondern „das Ende der Welt, wie wir sie bisher kannten“
  • „hab den Mut, dich zu zeigen“
  • „fail and fail better“ (zum Thema Fehlerfreundlichkeit)
  • und schliesslich zeugte ihr Verweis auf eine Aussage des Dalai Lama von erfrischender Selbstironie: „super, was ihr changemaker hier macht. Ihr werdet die Früchte eurer Arbeit in 700 Jahren sehen!“
  • Nichts desto trotz, packen wir’s an!

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