Angst in Vertrauen verwandeln – Pioneers of Change

Die Google-Suche zu diesem Titel überrascht – und doch wieder nicht. Ich scrolle durch Artikel und Zitate und begegne dabei diversen Autoren, die mich an mein angefangenes Theologiestudium in den 70/80er-Jahren erinnern. Ein Thema, das zum Menschsein gehört, ganz offensichtlich, und egal, ob aus philosophischer, theologischer, psychologischer oder sonst-noch-Perspektive. Eine immerwährende und klassische Lebensaufgabe. Eigentlich ein wohltuend relativierender Gedanke, gerade in Zeiten von Corona, will mir scheinen. Die unvergleichliche Hannah Arendt erklärt dazu lakonisch und pragmatisch: „Das ist die Prämisse, nach der ich immer gelebt habe: Bereite dich auf das Schlimmste vor; erwarte das Beste; und nimm es wie es kommt.“
(https://beruhmte-zitate.de/autoren/hannah-arendt/)

Dann wäre also der Titel für die „erste Lektion“ bereits gesetzt: Gelassenheit lernen. Das sagt sich so leicht – und könnte auch gar leicht in Fatalismus kippen im Sinne von „da lässt sich eh nichts mehr machen“. Behagt mir nicht, diese Verkürzung; dafür fliesst noch zu viel rebellisches Blut in mir. Die umgekehrte Sicht: wenn wir nicht radikal und sofort das Ruder (unserer welt-wirtschafts-un-ordnung) herumreissen, dann geht die Erde vor die Hunde. Ein ebenso unbehaglicher Gedanke; zu gross, zu komplex, zu vielfältig diese Aufgabe.

Und doch: die Zuspitzung der Lage ist in Zeiten von Corona unübersehbar. Treffend beschrieben von Johano Strasser in seinem Buch ‚Gesellschaft in Angst – zwischen Sicherheitswahn und Freiheit‘: „Nur wenn wir bereit und in der Lage sind, die Grundfakten der menschlichen Existenz, vor allem die Tatsache unserer eigenen Sterblichkeit und Verletzlichkeit, mit Gelassenheit zu akzeptieren, können wir hinsichtlich der anderen, der gesellschaftlichen Seite unseres Sicherheitsproblems Vernunft (im unverkürzten Sinn) walten lassen. Tun wir das nicht, lehnen wir uns gegen das Gattungsschicksal des auf Freiheit angelegten, sterblichen Menschen auf, geraten wir immer auswegloser auf die Bahn eines übersteigerten Sicherheitsstrebens. Wir unterwerfen uns mehr und mehr den Sachzwängen der zu unserer Sicherheit geschaffenen Apparate, verstricken uns am Ende in hoffnungsloseste Abhängigkeit, liefern uns Mächten aus, die wir weder zu durchschauen noch zu kontrollieren vermögen, obwohl sie von uns selbst geschaffen wurden – und werden umso häufiger von Ängsten heimgesucht, je eifriger wir versuchen, uns gegen alle denkbaren Gefahren abzusichern.“ (S.200)
Wo und wann dieses Buch herauskam? Im Gütersloher Verlagshaus im Jahre 2013!!

Wie also sich verhalten in diesem Spannungsfeld zwischen offensichtlichem Veränderungsbedarf und gleichzeitigem Ohnmachtsgefühl?

Während der letzten zwei Wochen durfte ich diesbezüglich ganz wertvolle und begeisternde Impulse finden: Der Online-Kongress „Pioneers of Change“ wird bereits zum fünften Mal durchgeführt und versammelt eine unerhörte Fülle an positiver Energie. Während 10 Tagen sind täglich drei hervorragend moderierte Interviews zu geniessen, mit eindrucksvollen Persönlichkeiten, mit ermutigenden Praxis-Beispielen; blühende Zeichen einer Frühlings-Wandel-Kraft, weltweit und interdisziplinär. Eine sehr beeindruckende Initiative aus dem österreichischen Ökodorf POMALI bei St.Pölten. Ein wunderbares Beispiel einer neuen Form von Miteinander-in-Verbindung sein, von Vernetzung und einem neuen Verständnis von Arbeiten und Wirtschaften. Ich bin sehr dankbar, auf diese Plattform gestossen zu sein … und für die Technik, die solches möglich macht.

Und so tönte etwa die Einladungsmail zu Tag 7 des Online-Kongresses:
Hallo Christoph! „im Angesicht von Krise und Kollaps“ – das steckt im Summit-Titel.
Das heißt für uns: HINSCHAUEN, auch wenn’s wehtut, so wie es Meg Wheatley auch im gestrigen Interview betont hat. Und dann TUN, was wir tun können – an dem Ort wo wir grade sind, mit den Ressourcen die wir grade haben.
Und auch wenn du keinen unmittelbaren Erfolg erzielst: tu es, weil es RICHTIG ist. Denn: „Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht, sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn macht, egal wie es ausgeht.“ (Vaclav Havel)
Die Lizenz zum Lästig-Sein! Deshalb wollen wir auch nicht wegschauen, wenn wir die Bilder aus den Flüchtlingslagern auf den griechischen Inseln sehen. Erik Marquardt fordert uns heute auf, lästig zu sein: schreib den EU-Abgeordneten aus deiner Region, kontaktiere die Landes- und Bundespoltiiker*innen. Oder engageiere dich bei den Kampagnen #LeaveNoOneBehind oder #WirHabenPlatz (bewegendes Video).
Sister Lucy Kurien, Pune, Indien „Wenn du Liebe im Herzen hast, kannst du immer etwas tun.“ Sister Lucy ist in einer Brahmanenfamilie aufgewachsen. Als sie 12 Jahre alt war, zogen sie mir ihrer Familie nach Mumbai. Dort sah sie zum ersten Mal Slums. Das hat sie schockiert: Sie konnte nicht verstehen, warum niemand etwas tut, um diesen Menschen zu helfen. 1997 hat Sister Lucy Maher in einem kleinen Heim in einem Dorf nahe Pune, Indien, gegründet. Aus diesem bescheidenen Beginn entstanden schließlich mehr als 46 Heime in ganz Indien, die die Leben von Tausenden von Frauen, Kindern und Kindern in hunderten Gemeinschaften bereichert. Maher kommt aus der Sprache Marathi heißt „Zuhause der Mutter“. Sister Lucy Kurien hat liebevolle, warmherzige Orte für misshandelte und traumatisierte Frauen, Kinder und Männer geschaffen. Sie ist für ihre Arbeit mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet worden.



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