
Im vergangenen Jahr haben wir uns in vielfältiger Weise mit der Frage auseinandergesetzt, wie denn unsere Wohnform für die nächste Lebensphase aussehen soll; wenn wir mal wieder (teil-)sesshaft sind, also neben und nach der Reise- und Workaway-Phase. Dieses Thema rechtfertigt durchaus einen eigenen Blog-Beitrag.
Die AGE-Stiftung ist eine hervorragende Plattform zur fundierten Begleitung und zum KnowHow-Transfer bezüglich neuer Wohnformen. Angestossen durch die absehbare Veränderung im gesellschaftlichen Mix, Stichwort Umkehr der Bevölkerungspyramide, entstand die AGE-Stiftung als innovativer Katalysator für vielfältige Projekte rund um Themen wie Wohnen, Alter, Nachbarschaft, Betreuung, Mehrgenerationen-Projekte etc.. Das aktuelle Dossier 2020/2 „Generationenwohnen heisst Nachbarschaft“ kann als pdf oder als Print-Version kostenlos bestellt werden.
Meine ehrenamtliche Funktion als externer Mentor von jungen Menschen (aus Russland, Türkei, Albanien und Bolivien), die im Herzfeld Sennrüti in Degersheim ihren Einsatz im Rahmen des Europäischen Freiwilligenjahres leisten, brachte mich im 2020 in eingehenden Kontakt mit dem Ökodorf Sennrüti. Darüber hinaus befasste ich mich ausführlich mit Zielsetzung und Geschichte des Global-Ecovillage-Network GEN und mit praktischen Beispielen von Ökodörfern im europäischen Raum. Ich bin beeindruckt vom Entwicklungsweg, den manche dieser ehemals „alternativen 68er-Projekte“ gegangen sind und von der „praktischen Professionalität“ und dem reflektierten Erfahrungsschatz, der sich in dieser Bewegung angesammelt hat. Die diesbezügliche Haltung und die prozessual entwickelten Instrumente/Methoden sind besonders überzeugend dargestellt im hervorragenden Buch von Kosha Anja Joubert, Die Kraft der kollektiven Weisheit – wie wir gemeinsam schaffen, was einer allein nicht kann, Kamphausen Verlag Bielefeld, 2009/2010.
www.anders-wohnen.ch / genossenschaftliches Wohnen in Heiden AR
An der Brunnenstrasse entsteht eine verdichtete Wohnsiedlung in moderner Holzbauweise und mit klarer Ausrichtung auf gemeinschaftliches Mehrgenerationen-Wohnen. Das Projekt hat uns durchaus angesprochen, vor allem der beteiligten Menschen wegen. Am Ende erkannten wir jedoch, dass wir nicht nochmals dieselbe Wohnlage (am Nordhang auf 900müM) suchen. Zudem liesse sich unsere fortdauernde Reise-Abwesenheit schlecht vereinbaren mit dem aktuell stattfindenden gemeinsamen Gestaltungsprozess.
Kloster 3000 / Mehrgenerationen-Siedlung in A-Lochau
Der Verein zur nachhaltigen Nutzung des Salvatorkollegs plant die Umnutzung eines ehemaligen Klostergebäudes. Das Projekt liegt in einer weitläufigen Grünzone wunderschön zwischen den Gemeinden Lochau und Hörbranz, am gegenüberliegenden sonnigen Bodenseeufer. Das riesige Areal bietet vielfältige Möglichkeiten, auch im Hinblick auf Selbstbewirtschaftung nach Permakultur-Prinzipien. Das Projekt wird sorgfältig und prozessual geplant und vom EU-Projekt NENA (neue Nachbarschaften) begleitet. Interessant, doch am Ende war für uns klar, dass wir gerade im Hinblick auf das Alter unserem Freundeskreis auf Schweizer Seite näher bleiben möchten.
Die Stiftung Edith Maryon in Basel hat sich zum Ziel gesetzt, Häuser und Grundstücke dem Gemeinnutzen zuzuführen, für soziale und künstlerische Gemeinschaftsprojekte zugänglich zu machen und diese somit den neoliberalen Marktmechanismen bzw. der Spekulation zu entziehen. Die Villa Eichhorn in Romanshorn ist ein genossenschaftlich organisierte „Alters-WG“ in einer renovierten Jugendstilvilla direkt am Bodensee; eines der beispielhaften Wohnprojekte der Stiftung Edith Maryon in der Ostschweiz. Die einzigartige Lage wäre für mich als passionierter Paddler ein Traum; die WG nimmt aber nur Singles auf.
Kurz vor Weihnachten ergab sich dann wieder mal ein unvorhergesehener Zu-Fall: Mein Freund Bruno erzählte auf unserem Spaziergang, dass in Arbon ein gemeinschaftliches Wohnprojekt im Entstehen sei. Zuhause angekommen, ging gleich die Recherche los … und 10 Tage später hatten wir eine Wohnung reserviert. Die Genossenschaft Ziegelhütte Arbon will auf dem Gelände des ehemaligen evangelischen Pflegeheims eine Mehrgenerationensiedlung errichten, mit gemeinschaftlicher Infrastruktur und gewollten Anreizen für eine aktive Nachbarschaft. Kommt dazu, dass diese Siedlung nahe bei See und Strandbad liegt, der Paddelsteg in Fussdistanz und der „Philosophenweg“ in Sichtweite. Was will man mehr? Dann halt doch noch „back to the roots“, als im benachbarten Steinach aufgewachsener „Seebueb“.
Hey, Christoph,
das finde ich sehr interessant und ansprechend. Ich bin 65, frei berufliche Lektorin. Ich möchte D verlassen und in die Schweiz/Nähe Bodensee ziehen. Ich suche nach einem passenden Wohnprojekt. Hättest du Tipps bzw. Adressen und mehr Infos für mich? Würde mich sehr freuen.
Hallo Sabine, danke für Dein Interesse. Inzwischen ist schon wieder einige Zeit vergangen; das Projekt in Lochau steckt in einer Flaute, nachdem der Gemeindepräsident sich eingeschaltet und der Orden sich schliesslich für eine Investoren-Gesellschaft entschieden hatte. Wie’s da mit genossenschaftlichem Wohnen weitergeht, scheint sehr offen.
„Unser“ Siedlungs-Projekt in Arbon TG ist mit zeitlicher Verzögerung unterwegs (Schlüsselentscheide stehen im Jan/Feb 2022 an), der voraussichtliche Bezug ist derzeit auf Sommer 2024 zu erwarten. Weitere Aktualitäten auf https://www.ziegelhuette-arbon.ch/.
Ein weiteres interessantes Projekt ist in Egnach TG im Entstehen (Vereinsgründung war im Juni 2021), dort allerdings als „genossenschaftlich-alternatives Teilprojekt“ im Rahmen einer Grossüberbauung mit mehreren Investoren. Mehr dazu auf https://zukunftsdorfegnach.ch/.
Wünsche Dir viel Erfolg bei der Suche. LG Christoph