Das „Unternehmen Mitte“ in Basel ist für mancherlei inspirierende Analogien gut. Das Gebäude der früheren Volksbank ist heute eine andere Art von Wechselstube, ein Marktplatz der Ideen statt des Geldes, ein Katalysator für immaterielle statt materielle Werte, ein Ort der „reich“ und „arm“ neu denkt, das grösste Kaffeehaus der Schweiz, ein Co-working-space und einiges mehr. Muss ich mir unbedingt und endlich mal anschauen.
Aus diesem Labor der Ideen entstand die Volksinitiative für ein bedingungsloses Grundeinkommen, welche 2016 leider vom Schweizer Volk abgelehnt wurde – und hoffentlich nochmals kommt, wenn die Zeit reifer ist (das wäre sie heute mit der Corona-Pandemie zwar definitiv).
Kürzlich wurde ich auf das kleine Buch „Blütenstaubwirtschaft – wenn Dinge zu Daten werden“ von Georg Hasler (2015) aufmerksam. Als einer der Mitgründer des Unternehmen Mitte denkt er Wirtschaft im Zeitalter der digitalen Revolution konsequent und kreativ weiter.
In einer Zeit, in der analoges Produzieren abgelöst worden sei durch digitale und somit überall und beliebigfach kopierbare (reproduzierbare) Daten, sei Eigentum mehr und mehr ein Anachronismus. Was wir erfinden, entdecken und entwickeln, sei dazu angelegt, weltweit verbreitet zu werden und sich nützlich zu machen. Genauso wie sich der Blütenstaub in der Natur ausbreitet …. und da neues Wachstum anregt, wo er „auf fruchtbaren Boden“ fällt. Beispielhaft dafür in der digitalen Welt (Allmend):
„Beim Prinzip Open-Source tritt anstelle der Gewinnhoffnung des Einzelnen die Erweiterung der Möglichkeiten für viele – und damit auch für den Einzelnen. Das ist im wahrsten Sinne ökonomisch. Viele dieser Programme zählen, wie die deutsche oder englische Sprache, zur kulturellen Basisinfrastruktur. Jeder darf sie nutzen, und jeder darf sie für seine Zwecke abändern und weiterentwickeln, sofern er diese Weiterentwicklung auch wiederum allen frei zur Verfügung stellt.“* (S.58)
„Die Spielregeln definiert und schützt die General Public License (GPL). … Durch diese Lizenzform wird das Allgemeingut davor geschützt, von Einzelnen privatisiert zu werden. Das Prinzip Open-Source demonstriert erstmals in grossen Dimensionen, wie wir gemeinsam selbstständig werden können. Und es zeigt, was entstehen kann, wenn „Können“ und „Wissen“ wirtschaftlich getrennt werden. Das Erste wird bezahlt, das Zweite ist frei.“ (S.59)
Geld und Zins – Geld fesselt
„(über den Schadenersatz) hinaus aber einen realen Zins zu fordern, galt bis zur Neuzeit in fast allen Kulturen als verbotener Wucher. Zinsen zu verlangen bedeutete, mehr zu nehmen als zu geben und galt als Ausnutzung einer Notlage, die den einen reicher und den anderen ärmer machte. Wer Zinsen nahm, galt als Dieb.“ (S.79)
„Durch Zinsen wird aus Geld noch mehr Geld, und deshalb müssen sich auch die realen Gegenwerte ständig vermehren. … Ob es sich bei dem mehr an Werten tatsächlich um einen Mehrwert handelt, ist eine Frage der Einschätzung. Deshalb ist Marketing ein zentraler Teil der Industrie, denn die Wertschätzung muss erst künstlich erzeugt werden. Selten sind Produkte so nützlich, dass sie allein schon deswegen gekauft werden.“ (S.81)
„Denn wenn alle Nebenkosten, jeder Verlust von Natur, Gemeinschaft, traditionellem Wissen oder anderen Lebensqualitäten mit eingerechnet würden, sähe die Rechnung ganz anders aus. Heute besteht Rendite nur teilweise aus Mehrwert. Im übrigen jedoch aus Raubbauerträgen.“ (S.82)
„Die Natur verlangt von sich selbst keine Zinsen und hat deshalb Zeit, in der Landschaft herumzuschlängeln. Das Leben ist einfach da, um sich der Zeit hinzugeben, sich auszubreiten und dann wieder zu vertrocknen oder überschwemmt zu werden.“ (S.83)
„Sie alle sind in ständigem Austausch miteinander verbunden und versuchen, einen Zustand der Zufriedenheit für möglichst Viele zu finden. Das ist auch eine Art Markt. Es ist der viel wirklichere Markt der Gegenwart. Sein Ziel ist nicht Rendite, sondern Austausch und Befriedigung – und das Mittel dazu ist Vertrauen.“ (S.90)